Was Makler beim Bestandsverkauf beachten müssen

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Das Thema Nachfolge wird in der Mai-Ausgabe von Versicherungsmagazin ausführlich behandelt. Versicherungsmagazin befragte dazu in einem Exklusiv-Interview den Experten Andreas W. Grimm, Geschäftsführer der Resultate Institut für Unternehmensanalysen und Bewertungsverfahren GmbH, München. Er ist Sachverständiger für die Bewertung von Maklerunternehmen und Maklerbeständen.

Die Absicherung von Risiken gehört doch zum Kerngeschäft der Versicherungsmakler. Wieso vernachlässigen viele Vermittler ihre eigene Altersvorsorge?
Im Grunde gilt auch hier oft der Spruch: Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe. Da kann man im Grunde nur spekulieren und ein wenig aus den Äußerungen der Makler interpretieren. Vermutlich ist dieser Mangel in der eigenen Altersvorsorge der Tatsache geschuldet, dass besonders in der Anfangsphase der Unternehmerschaft bei vielen das Potenzial für eine eigene Altersvorsorge gar nicht gegeben ist und man von den ersten Erfolgen – wenn sie dann endlich kommen – sich dann eher etwas leisten will, als dass man es auf die hohe Kante legt. Viele Existenzgründer kämpfen um jeden Cent Umsatz. Bei einer Hälfte von ihnen bleibt das aber leider ein ganzes Unternehmerleben so. Die andere Hälfte wird später wirtschaftlich erfolgreicher.

Wenn rund die Hälfte der Makler heute unter 100.000 Euro Jahresumsatz erzielen, dann ist das für einen Unternehmer, der seine gesamte Absicherung und Vorsorge selbst organisieren und finanzieren muss, einfach zu wenig freie Liquidität. Viele setzen zu aktiven Zeiten dann zusätzlich auch noch andere Prioritäten: Sie wollen sich etwas gönnen und beispielsweise ein repräsentatives Auto fahren. Viele dieser Makler, die den Sprung nicht schaffen, können sich folglich keine nennenswerte eigene Altersvorsorge und schon gar nicht das „pünktliche“ Aufhören zum Rentenalter leisten. Sie müssen darauf hoffen, dass der eigene Maklerbestand zumindest beim Verkauf dann einen kleinen Beitrag zur Altersvorsorge leistet.

Es gibt allerdings auch unter den unternehmerisch erfolgreichen Maklern genügend Beispiele, bei denen die eigene Altersvorsorge ebenfalls vernachlässigt wurde. Da ist es vermutlich eine Mischung aus der psychologischen Hemmschwelle, sich mit der eigenen Endlichkeit auseinandersetzen zu wollen, und einem gewissen Maß an Leichtsinnigkeit. Schließlich ist ein wirtschaftlich ertragreiches Unternehmen auf den ersten Blick ja auch wirklich ein attraktives Übernahmeobjekt und folglich auch etwas wert. Es sollte sich später also Gewinn bringend verkaufen lassen. Leider wird diese Hoffnung immer mal wieder herb enttäuscht, weil sich zeigt, dass die Wertvorstellung überhaupt nicht passt oder das Unternehmen nur eingeschränkt oder gar nicht übergabefähig ist.

Makler überschätzen in der Regel den Wert ihres Bestandes. Wie bemisst sich der am Markt derzeit zu erzielende Wert? Ist der Courtageumsatz die entscheidende Größe?
Dass Makler den Wert ihres Bestands generell überschätzen würden, kann ich nicht bestätigen. Natürlich gibt es die Kandidaten, die überzeugt sind, ihr Unternehmen wäre Millionen wert. Aber die Regel ist eigentlich genau andersherum: Die meisten Makler unterschätzen, welchen Kaufpreis sie für ihren Maklerbestand oder ihr Maklerunternehmen erzielen könnten. Dieses Vorurteil führt dann leider sehr oft dazu, dass Makler hinsichtlich ihrer eigenen Nachfolgelösung Fehlentscheidungen treffen, weil sie sich mit dem Wert ihres eigenen Unternehmens viel zu oberflächlich beschäftigen. Da spielt dann leider auch mancher in Maklerfragen unerfahrene Steuerberater eine wenig hilfreiche Rolle, weil auf diesen falschen Annahmen basierend falsche Entscheidungen noch verschlimmert werden.

Um den erzielbaren Kaufpreis beziffern zu können, muss man sich erstmal fragen, was man wirklich verkaufen möchte. Ein Maklerunternehmen als Ganzes – beispielsweise eine GmbH oder Gmbh & Co. KG – ist etwas anderes als der Vertragsbestand einer Einzelunternehmung. Dazu kommt, dass die Geschäftsmodelle der Unternehmen erheblichen Einfluss auf den Wert haben: Kommen die Umsätze überwiegend aus wiederkehrenden Vergütungen wie Bestandspflege-Courtagen oder Verwaltungsgebühren ist das etwas ganz anderes, als wenn ein Unternehmen die Umsätze überwiegend aus Vorsorgegeschäft und Finanzanlagen erzielt, bei denen üblicherweise der Vertriebserfolg einmalig oder ratierlich bei Abschluss vergütet wird. In diesem Fall steckt der Wert des Unternehmens weniger im Kundenbestand als in den Marktzugängen des Unternehmers und seinen Vertriebsmitarbeitern – so er welche haben sollte.

Wesentlicher Treiber für den Wert eines Unternehmens ist der Unternehmensertrag, und nicht unbedingt der Courtageumsatz. Je größer ein Unternehmen ist, desto stärker konzentriert sich ein Käufer oder Investor auf die Frage, welchen Ertrag er zukünftig erzielen können wird. Danach bemisst sich sein Kaufpreisangebot.

Dasselbe gilt für Vorsorge-, Finanz- und Baufinanzierungsmakler, deren Umsätze hauptsächlich aus Neugeschäft generiert wird. Würde ein solches Unternehmen beziehungsweise ein solcher Bestand nur anhand der Bestandspflege-Courtage bewertet, würde der wesentliche Teil des Unternehmenswerts unter den Tisch fallen. Allerdings kommt an der Stelle erschwerend hinzu, dass es dem Verkäufer auch gelingen muss, einen passenden Käufer zu finden, der bereit ist, für das Umsatzpotenzial einen Kaufpreis zu bezahlen. Wie schwierig diese Aufgabe ist, unterschätzen die meisten Makler. Aber dafür gibt es im Zweifel ja uns.

Bei reinen Sachbeständen oder kleineren Maklerbeständen, bei denen der Makler kein signifikantes und differenzierendes Geschäftsmodell aufgebaut hat, werden die Bestände oft anhand der wiederkehrenden Courtage vergütet. In solchen Fällen spart man sich in der Regel die Kosten für ein Wertgutachten, sondern optimiert den Kaufpreis nur über die Platzierungsstrategie.

Das ist übrigens ein Punkt, den die meisten Makler übersehen. Es ist nicht relevant, was „man“ am Markt gerade für einen Maklerbestand bezahlt. Relevant ist, welchen Kaufpreis der Makler für seinen Bestand konkret nach Steuern erzielt. Da spielt der Wert des Bestands zwar auch eine Rolle, noch wichtiger ist, dass der Makler eine effektive Platzierungsstrategie wählt, bei der er für sich das Optimum herauszuholen wird.

Wie teuer ist ein Gutachten zum Bestand? Lohnt sich das für kleinere Maklerunternehmen? Wie viele Makler nutzen dazu Ihr Online-Tool?
Für die Erstellung einer Unternehmensbewertung benötigt man als Berater, wenn man es gründlich und seriös macht, zwei bis drei Mann-Tage. Wenn Unternehmensgruppen, besondere Vertriebsmodelle oder auch Immobilien im Betriebsvermögen mit bewertet werden müssen, kann es aber auch deutlich mehr werden. Bei Gerichtsgutachten liegen wir dann meistens deutlich höher, weil zusätzliche formale Anforderungen erfüllt werden müssen, die sehr viel Zeit fressen können.

In der Regel lohnt sich eine Bewertung vor der Platzierung für alle Maklergesellschaften und Maklerunternehmen jenseits der 100.000 – 150.000 Euro Jahrescourtage. Der Mehrwert entsteht dadurch, dass sie mit dieser Information ihre Platzierungsstrategie genau planen können und auch wissen, welche Käufergruppe für ihr Unternehmen diejenige ist, die den höchstmöglichen Kaufpreis überhaupt mitgehen kann. Verzichtet man auf eine solche Bewertung begibt man sich zu einem gewissen Maße auf Blindflug und spekuliert darauf, dass man das Glück hat, den richtigen Käufer zu finden. Damit verschenkt man im Zweifel relativ schnell mehrere 10.000 oder auch mehrere 100.000 Euro.

Damit Makler abschätzen können, ob sich eine Unternehmensbewertung wirklich lohnt und in welcher groben Kategorie sich der Unternehmenswert bewegen könnte, haben wir ein Bewertungstool auf unsere Website gestellt, mit dem man den Wert eines Bestands und eines Unternehmens indikativ ermitteln kann. Der Rechner ist aber – wie so ziemlich alle online-Tools – darauf ausgelegt, auf der Basis weniger Informationen schnell einen groben indikativen Wert zu liefern. Auf der Basis sollten man auf keinen Fall Kaufverträge schließen oder Verhandlungen führen. Seit der Einführung des Rechners registrieren wir jährlich zwischen 500 bis 800 Wertindikationen.

Morgen finden Sie auf www.versicherungsmagazin.de den zweiten Teil des Interviews. 

Autor(en): Bernhard Rudolf

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